Seit Beginn der Saison 2022/23 erfasst Opta die deutsche Frauen-Bundesliga live und in voller Datentiefe. Durch die detaillierte Erfassung ist es uns möglich, tiefgehende Analysen zu allen Spielerinnen und Teams zu liefern, ob als Vorbericht, live während des Spiels oder im Nachgang einer Partie. Opta produziert die interessantesten Insights und erzählt dadurch die besten Stories, die für die Berichterstattung einen klaren qualitativen Mehrwert bieten.
Ehe die Saison im Februar wieder losgeht, haben wir nach nun 10 gespielten Partien einen Adlerblick auf die Statistiken dieser Saison geworfen und die spannendsten Zahlen, Fakten und Grafiken zu den Teams und Spielerinnen herausgearbeitet.
Wolfsburg prangt erneut an der Spitze
Die Frauen des VfL Wolfsburg sind amtierende Meisterinnen der Bundesliga, in der Vorsaison hatten die Wölfinnen am Saisonende 59 der möglichen 66 Punkte gesammelt und sich somit um vier Punkte vom FC Bayern München abgehoben.
Dass der Hunger der Wölfinnen um Erfolgstrainer Tommy Stroot nicht gestillt ist, lässt sich mit einem simplen Blick auf die Tabelle ablesen: Wolfsburg prangt mit der Maximalausbeute von 30 Punkten aus 10 Spielen an der Spitze – ein perfekter Start nach den ersten 10 Saisonpartien war in der eingleisigen Bundesliga zuvor nur fünf Teams gelungen, darunter auch Wolfsburg selbst vor vier Jahren. Und, wenig verwunderlich, holten sich alle bisherigen fünf Mannschaften am Ende auch den Meistertitel.
Hungrige Wölfinnen auf der Jagd nach Toren
Ein wichtiger Faktor für den Erfolg der Wölfinnen ist die starke Offensive. In den 10 Partien erzielte der VfL 35 Tore und damit ligaweit die meisten, das entspricht einem Schnitt von 3.5 Treffern pro Spiel. Zudem gab Wolfsburg die meisten Torschüsse ab (212) und hat die beste Chancenverwertung (21%).
Auffällig ist, dass der VfL all seine 35 Treffer (inkl. eines Eigentores) aus relativ zentralen Strafraumpositionen erzielte, was ein Indiz dafür ist, dass die Wölfinnen ihre Abschlüsse großteils aus aussichtsreichen Positionen abgaben. Dies lässt sich statistisch belegen, denn Wolfsburg nahm 82% seiner Abschlüsse innerhalb des Sechzehners und überbietet damit alle anderen Bundesliga-Klubs.
Auch was die Chancenqualität betrifft, ist Wolfsburg das Nonplusultra der Liga, der Expected-Goals-Wert (xG) liegt bei 28.2, kein anderes Team knackte hier die Marke von 20 xG:
Am meisten aus ihren Chancen machten jedoch die Freiburgerinnen – der SCF schoss über sieben Tore mehr als anhand des xG-Modells zu erwarten gewesen sind (25 Tore bei 17.9 xG), das ist Ligaspitze vor Wolfsburg (+6.8).
Bayerns Bollwerk kaum zu überwinden
Die Frauen des FC Bayern München sind mit 25 Punkten die ersten Verfolgerinnen des VfL Wolfsburg, die einzige Niederlage der Münchnerinnen setzte es im Duell mit dem VfL am 5. Spieltag (1-2 in Wolfsburg). Trotz des Abstands hat der FCB weiterhin Möglichkeiten auf den Titelgewinn – das direkte Duell mit Wolfsburg in der Rückserie findet in München statt, und vor heimischer Kulisse gewann der FCB saisonübergreifend 12 Ligaspiele in Serie.
Zwar stellt das Team von Trainer Alexander Straus nach Wolfsburg (35 Tore) mit 26 Treffern die zweitbeste Offensive der Bundesliga, doch die eigentliche Stärke des FCB ist die Defensive. In 10 Saisonspielen wurde die 21-jährige Torhüterin Maria Luisa Grohs lediglich dreimal überwunden, in acht Partien stand sogar die Null – das ist jeweils Ligabestwert unter den Stammtorhüterinnen. Mannschaftsbezogen stellen diese Statistiken jedoch keinen Rekord in der eingleisigen Bundesliga dar, diesen teilen sich die Münchnerinnen selbst mit den Wolfsburgerinnen – der FCB wurde 2020/21 in den ersten 10 Saisonspielen nur einmal bezwungen, ebenso Wolfsburg in der Spielzeit 2014/15.
Folgende Grafik zeigt die Abschlüsse der Gegnerinnen des FC Bayern in dieser Bundesliga-Saison.
Bayerns 79 gegnerische Schüsse sind geteilter Ligabestwert (zusammen mit Wolfsburg). Kumuliert ließen die FCB-Damen nur fünf Expected-Goals-Against zu, auch das ist Ligaspitze.
Hauptverantwortlich für die vielen Weißen Westen ist Maria Luisa Grohs, die 82% der gegnerischen Schüsse parierte – auch hier prangt eine Münchnerin an der ersten Stelle des Stammtorhüterinnen-Rankings.
Bayern, Wolfsburg und Frankfurt setzen auf Ballbesitz
Die drei Teams, die aktuell die Plätze eins bis drei in der Tabelle belegen, sind auch die Teams, die in dieser Saison am meisten Pässe pro Partie spielten, ihre Spiele also oft mit Ballbesitz dominierten. Der FC Bayern führt dieses Ranking an (575 Pässe pro Spiel), gefolgt von Wolfsburg (519) und Frankfurt (491). An letzter Stelle in diesem Ranking liegt Werder Bremen mit durchschnittlich 305 Zuspielversuchen, dafür bewegen die Bremerinnen den Ball im Spielaufbau am schnellsten nach vorne, was die folgende Grafik schön unterstreicht:
Überzeugendes Frankfurter Pressing
Eintracht Frankfurt überzeugte in dieser Bundesliga-Saison offensiv vor allem durch Hohe Ballgewinne und Vertikalangriffe. Die Adlerträgerinnen eroberten den Ball 139-mal innerhalb von 40 Metern vor dem gegnerischen Tor, ligaweit gelang das lediglich Wolfsburg öfter (180-mal). Die SGE münzte betreffende Ballgewinne in 25 Schüsse und diese wiederum in drei Tore um. Nur die Wölfinnen sowie der FCB kamen auf diesem Weg öfter zum Abschluss (je 28-mal), außerdem gelangen keinem Team mehr als vier Treffer nach Hohen Ballgewinnen.
Zudem netzte kein anderer Klub in dieser Bundesliga-Spielzeit bislang so oft nach Vertikalangriffen wie die Eintracht (dreimal). Auch relativ betrachtet schloss keine Mannschaft Vertikalangriffe so häufig erfolgreich ab wie Frankfurt, das im Schnitt jeden fünften derartigen Angriff mit einem Tor belohnte. 46 Meter vor dem eigenen Tor starteten die Frankfurterinnen im Schnitt ihre Spielzüge, noch weiter vorne nur der VfL Wolfsburg (49).
Das Rennen der besten Torschützinnen
SC Freiburgs Janina Minge und VfL Wolfsburgs Ewa Pajor führen die Torschützinnenliste dieser Saison mit je acht Treffern an. Direkt dahinter lauern Alexandra Popp (Wolfsburg) und Lea Schüller (Bayern) mit sechs Toren.
Dabei sind bei Minge anhand des Expected-Goals-Modells lediglich 3.3 Tore zu erwarten gewesen. Doch die 23-jährige Mittelfeldspielerin verwertete effizient wie ligaweit niemand sonst. Die Diskrepanz zwischen xG und erzielten Toren ist in dieser Saison bei keiner Bundesliga-Spielerin so hoch wie bei Minge (4.7). Dass sie einige Chancen mit einer eher niedrigen Torwahrscheinlichkeit verwertete, untermauern ihre drei Fernschusstore (geteilter Ligabestwert).
Pajor und Popp sind zwar aus der zweiten Reihe nicht so abschlussstark wie Minge, beide erzielten all ihre Saisontreffer aus dem Strafraum, dafür haben sie aber Lufthoheit. Ihre je drei Kopfballtore sind Ligaspitze.
Schüller traf in dieser Bundesliga-Saison im Schnitt alle 100 Minuten (601 Minuten Einsatzzeit, 6 Tore). Von allen Spielerinnen mit mindestens 250 gespielten Minuten übertrifft sie dabei nur Pajor, die durchschnittlich alle 64 Minuten knipste (510 Minuten, 8 Tore). Auf die vier besten Torschützinnen folgen fünf Spielerinnen mit je fünf Saisontoren. Eine davon ist TSG Hoffenheims Katharina Naschenweng, die wie Minge dreimal per Fernschuss traf, einmal sogar per direkt verwandeltem Eckstoß (2. Spieltag gegen Wolfsburg). Die 25-jährige österreichische Nationalspielerin benötigte für ihre Saisontreffer lediglich 11 Schüsse, 2.2 Schüsse pro Tor sind Ligabestwert aller Spielerinnen (6 Abschlüsse vorausgesetzt).
Georgia Stanway hat den größten Einfluss
Keine Spielerin hat in der laufenden Bundesliga-Saison solch einen starken Einfluss ins Offensivspiel wie FC Bayerns Georgia Stanway. Auf den ersten Blick mag diese Aussage zwar verwundern, denn die Mittelfeld-Allrounderin war lediglich an zwei der 26 Saisontore der Münchnerinnen direkt involviert (ein Tor, ein Assist), doch ligaweit war keine Akteurin aus dem Spiel heraus an so vielen Schüssen (63) beteiligt wie Stanway (entweder als Schussnehmerin, als Schussvorbereiterin oder als Beteiligte in einem Spielzug, der in einem Schuss mündete).
11 dieser 63 Beteiligungen mündeten in einem Tor, womit die 23-jährige englische Nationalspielerin einen weiteren starken Wert aufstellte (ligaweit sind nur Bayerns Linda Dallmann mit 13 und Sarah Zadrazil mit 12 noch besser). Mit Zufall oder Glück hat ihr großer offensiver Einfluss wahrlich nichts zu tun, was durch den xG-Wert von 9.1 bei Angriffs-Spielzügen mit Beteiligung Stanways (Ligahöchstwert für eine einzelne Spielerin) untermauert wird.
Linda Dallmann: Antreiberin im FCB-Mittelfeld
Linda Dallmann verlängerte ihren Vertrag beim FC Bayern im Dezember bis 2026. Die Verlängerung war ein logisches Resultat der starken Leistungen der Mittelfeldspielerin. In neun Einsätzen in dieser Ligasaison war sie an neun Toren direkt beteiligt (5 Tore, 4 Assists) – das ist Bestwert beim FC Bayern und wird ligaweit nur von Wolfsburgs Ewa Pajor (12 – 8 Tore, 4 Assists) überboten.
9 – Linda #Dallmann war in neun Saisonspielen in #DieLiga an neun Toren direkt beteiligt (5 Tore, 4 Assists) – das ist Bestwert bei den @FCBfrauen und wird ligaweit nur von Ewa #Pajor (12 – 8 Tore, 4 Assists) überboten. Langfristig. https://t.co/0MsClr3zIL
— OptaFranz (@OptaFranz) December 12, 2022
Doch Dallmann zeigt auch, dass sie den Ball über mehrere Meter in Richtung des gegnerischen Tors führen kann und im Anschluss oftmals noch diesen einen Geniestreich besitzt, um selbst zum Abschluss zu kommen oder einer Teamkollegin aufzulegen. Sie ist die einzige Spielerin dieser Saison, die nach Carries, also Ballführungen über mindestens fünf Meter, an insgesamt vier Toren direkt beteiligt war – zweimal traf sie selbst, zweimal legte sie im Anschluss an einen Carry einen Treffer auf.
Hanna Németh kämpft um jeden Ball
Die beste Zweikämpferin der Liga kommt aus den Reihen des SV Werder Bremen. Die 24-jährige Hanna Németh, die im Sommer 2022 von Ferencváros Budapest an die Weser gewechselt war, gewann in der laufenden Spielzeit herausragende 75% ihrer Duelle, damit sticht sie alle anderen Bundesliga-Spielerinnen aus (mind. 20 Zweikämpfe vorausgesetzt).
Carolin Simon: maßgeschneiderte Hereingaben
Carolin Simon, Abwehrspielerin des FC Bayern, ist nach Hanna Németh die beste Zweikämpferin der Liga (mind. 20 Duelle), in 73% ihrer direkten Duelle ging sie als Siegerin hervor. Doch Simon ist nicht nur eine starke Verteidigerin, sie hat auch das Vermögen, ihre Mitspielerinnen clever in Szene setzen zu können. Die Linksverteidigerin bereite fünf Treffer vor, womit sie die beste Assistgeberin der Liga ist. Insbesondere bei ruhenden Bällen bringt sie die gegnerischen Abwehrreihen ins Schwitzen, denn vier ihrer fünf Assists kamen per Standardsituation, auch das ist Topwert (zusammen mit Wolfsburgs Felicitas Rauch).
In der folgenden Grafik wird schön veranschaulicht, aus welcher Position sie Chancen kreierte, darunter sind drei Eckbälle von der rechten Seite, von denen zwei mit ihrem starken linken Fuß präzise in die Gefahrenzone gebracht wurden und in einem Tor mündeten.
Vergangene 10 Spielzeiten: Meisterinnen nur aus Wolfsburg und München
In den vergangenen 10 Spielzeiten holten sich entweder die Frauen des VfL Wolfsburg (siebenmal) oder des FC Bayern München (dreimal) die deutsche Meisterschaft, angesichts der aktuellen Tabellenkonstellation erscheint in dieser Saison eine Unterbrechung dieser Machtverhältnisse eher unwahrscheinlich. 2011/12 holte sich Turbine Potsdam den Titel, als bis dato letztes Team, das nicht Wolfsburg oder Bayern heißt.
Doch von den erfolgreichen Jahren, in denen sechs Meisterschaften in der eingleisigen Bundesliga und sogar zwei Champions-League-Trophäen heraussprangen, ist in Potsdam wenig übriggeblieben. Turbine Potsdam belegt aktuell mit nur einem Punkt den letzten Tabellenplatz – in der Vorsaison stand am Ende immerhin der vierte Platz zu Buche. Doch auch hier gibt es Grund zur Hoffnung: Vor fünf Jahren war der MSV Duisburg gar mit 11 Niederlagen in die Saison gestartet, letztlich gelang mit 18 Punkten dennoch der Klassenerhalt.